Junge Fachkräfte sind auf dem Arbeitsmarkt derzeit Mangelware – Tendenz steigend. Das weckt in vielen Unternehmen große Zukunftssorgen, wenn es darum geht, den Personalbedarf zuverlässig zu decken. Schon jetzt funktionieren altbewährte Strategien oft nicht mehr wie gewohnt, was die betroffenen Recruiter vor große Probleme stellt. Doch das bedeutet nicht, dass die Nachwuchskräfte nicht irgendwo auf attraktive Jobangebote warten. Die Strategie ändern, lautet daher die Devise, um sie zu finden und für sich zu gewinnen, bevor das der Konkurrenz gelingt. Das Hochschulmarketing könnte dabei in Zukunft ein wichtiges Puzzleteil darstellen.
Was ist Hochschulmarketing?
Das Hochschulmarketing verfolgt einen ähnlichen Ansatz wie das Azubimarketing, das im Fachkräftemangel zunehmend an Bedeutung gewinnt. Allerdings ist das Ziel nicht, Interessenten für eine Ausbildung oder ein Studium anzulocken, sondern die Studierenden kurz vor ihrem Abschluss anzuwerben. Denn zu diesem Zeitpunkt sind sie noch nicht in den Beruf eingestiegen, haben manchmal noch nicht einmal über ihre beruflichen Ziele nach dem Abschluss nachgedacht und sind somit offen für verschiedene Perspektiven.
Wer den angehenden Absolventen also zu diesem Zeitpunkt solche interessanten Perspektiven liefert, der hat gute Chancen darauf, dass sie nach ihrem Abschluss oder schon zuvor ins Unternehmen einsteigen – beispielsweise als Werkstudent oder im Rahmen der Abschlussarbeit. Hochschulmarketing kann somit definiert werden als das Recruiting und die Bindung von Studierenden während des Studiums, wenn sie kurz vor ihrem Abschluss stehen. Sie stellen dann nämlich nach kürzester Zeit hochqualifizierte Nachwuchskräfte dar, die nach ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt so begehrt sind. Wer sie schon vorher rekrutiert, hat weniger Konkurrenz und dadurch eine höhere Erfolgsquote.
Unterschied zwischen Hochschulmarketing und Employer Branding
Bei vielen deutschen Unternehmen erfreut sich das Hochschulmarketing erst seit kurzer Zeit steigender Beliebtheit. Allerdings darf es nicht mit dem Employer Branding verwechselt werden. Zwar geht es beim Hochschulmarketing ebenfalls darum, sich bei den angehenden Absolventen als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Doch es verfolgt noch weitere Ziele:
- Kontakte zu zukünftigen Fachkräften herstellen, sprich eine Erweiterung des Netzwerks und des Talentpools.
- Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrads bei der zukünftigen Generation an Fachkräften.
- Realistische Präsentation bei den Nachwuchskräften, was sie vom Unternehmen erwarten können, um passgenauere Bewerbungen zu erhalten.
- Ermutigung von Studierenden zu einer Bewerbung, die sich ansonsten vielleicht nicht trauen würden, beispielsweise aufgrund mangelnder Qualifikationen.
Weiterhin soll natürlich die Erfolgsquote des Recruitings erhöht werden und bestenfalls tritt zeitgleich eine Reduktion der Kosten ein. Das Arbeitgeberimage bei den jungen Nachwuchskräften zu erhöhen, ist somit auch ein wichtiges Ziel, jedoch nur eines von vielen.
Deshalb kann zwar behauptet werden, dass das Employer Branding einen Teil des Hochschulmarketings ausmacht – es handelt sich aber keinesfalls um Synonyme. Was jedoch als Synonym verwendet werden kann, ist das sogenannte Studierendenmarketing.
Der zugrunde liegende Gedanke beim Hochschulmarketing
Wer sich nun fragt, wofür der Aufwand überhaupt notwendig ist, muss sich einmal mit den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt sowie in den Ansprüchen von jungen Fachkräften an ihren Arbeitgeber auseinandersetzen. Fakt ist, dass altbewährte Strategien wie eine Stellenausschreibung in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um qualifizierte Bewerbungen zu erhalten – oder überhaupt eine Bewerbung.
Die Zeiten der passiven Personalsuche sind daher vorbei und qualifizierte Fachkräfte haben stattdessen eine große Auswahl an attraktiven Jobangeboten. Das macht es vor allem, aber nicht nur, für kleine und mittelständische Unternehmen schwierig, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Sie begehen dabei aber oft einen Denkfehler: Sie suchen nach der perfekten Besetzung für eine Vakanz, sozusagen nach der „fertigen“ Fachkraft. Dadurch begeben sie sich in einen großen Konkurrenzkampf um einige wenige Kandidaten, die dafür infrage kommen.
Wenn sie jedoch umdenken und begreifen, dass sie sich diese „fertige“ Fachkraft selbst formen können, eröffnen sich plötzlich ganz neue Optionen. Sie müssen nicht mehr nach der perfekten Besetzung suchen, sondern lediglich nach Kandidaten mit ausreichendem Potenzial, um die notwendigen Qualifikationen zu erwerben. Dafür sind die Soft Skillsdeutlich wichtiger als Hard Skills, zum Beispiel in Form von Motivation oder einer hohen Lernbereitschaft. Und genau an dieser Stelle setzt das Hochschulmarketing an.
Richtig umgesetzt, wird das Studierendenmarketing zur Win-Win-Situation
Dass die Studierenden an den Universitäten und Hochschulen ihr Studium noch nicht beendet haben, ist in diesem Fall also kein Nachteil, sondern sogar ein Vorteil. Einerseits sind sie auf dem Arbeitsmarkt noch nicht so begehrt. Andererseits sind sie oftmals noch „formbar“, sprich sie sind meist offen für verschiedene berufliche Wege. Somit können sie sich während des Studiums oder direkt anschließend in die Richtung weiterentwickeln, die für das Unternehmen den größten Nutzen bringt.
Dadurch werden die Fachkräfte nicht extern gesucht, sondern intern entwickelt – und genau darin sehen viele Experten eine der erfolgversprechendsten Recruiting-Strategien für die kommenden Jahre. Denn auch die Studierenden profitieren von dem Modell: Sie werden durch das Unternehmen gefördert, sie starten mit einem sicheren Arbeitsverhältnis in den Beruf, sie knüpfen schon früh wertvolle Kontakte und sie verschwenden keine Zeit zwischen dem Abschluss und der ersten Anstellung.
Das Hochschulmarketing ermöglicht ihnen also einen zielgerichteten und effizienten Berufseinstieg, der ihnen einen schnellen Aufstieg in eine Fach- oder Führungslaufbahn ermöglicht. Mit solchen Argumenten können sich sogar KMUs auf dem umkämpften Arbeitsmarkt durchsetzen, sofern sie das Studierendenmarketing richtig betreiben.
Wie funktioniert das Hochschulmarketing?
Bleibt somit die Frage nach dem „Wie“ offen: Ziel sollte sein, so früh wie möglich den Kontakt zu den potenziellen Fachkräften der Zukunft herzustellen – den sogenannten „High Potentials“. Das Hochschulmarketing kann und sollte somit in allen Semestern stattfinden, schließlich sind oft schon früh erste Praktika Pflicht oder die Studierenden suchen nach einer Werkstudententätigkeit, um sich ihr Studium zu finanzieren.
Das Interesse ist daher meist ab dem ersten Semester gegeben und angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels kann sich auch aus der Unternehmensperspektive das Warten lohnen. Kontakt aufnehmen, lautet daher der erste Schritt für ein erfolgreiches Studierendenmarketing. Dafür ist die direkte Zusammenarbeit mit den Hochschulen sowie Universitäten aus dem eigenen Fachbereich sinnvoll, und zwar nicht nur in der eigenen Region.
Je mehr Kontakte, desto besser, lautet die Devise. Aber auch eine direkte Kontaktaufnahme zu interessanten „High Potentials“ ist heutzutage alles andere als unüblich. Dafür können beispielsweise berufliche Netzwerke wie LinkedIn genutzt werden, denn dort melden sich viele angehende Fachkräfte bereits zu Studienzeiten an, um sich ein Netzwerk aufzubauen und interessante Jobangebote zu erhalten. Studierende auf LinkedIn möchten also von Recruitern entdeckt werden und diese Chance sollte nicht ungenutzt bleiben. Die Direktansprache, das sogenannte „Active Sourcing“, ist daher neben dem Employer Branding ein weiterer wichtiger Bestandteil im Hochschulmarketing.
Und was passiert nach der Kontaktaufnahme?
Sei es über LinkedIn, durch Karrieretage in der Universität, durch Flyer oder auf anderen Wegen: Nachdem die erste Kontaktaufnahme gemeistert wurde, brauchen Unternehmen die richtige Strategie, um die Chancen des Studierendenmarketings vollumfänglich zu nutzen. Hierbei ist es wichtig, einen Wiedererkennungswert zu entwickeln, um den Studierenden im Gedächtnis zu bleiben. Denn viele Menschen ziehen bewusst oder unbewusst die bekannten Namen den unbekannteren vor, wenn es beispielsweise um Kaufentscheidungen oder auch um Jobangebote geht.
Es gilt also, ein klares Bild davon zu zeichnen, wer das Unternehmen ist, was es macht und welche Karriereperspektiven sich dort für Interessierte ergeben können. Erst an dieser Stelle kommt also das Employer Branding ins Spiel. Dieses Bild muss immer wieder transportiert werden, um es zu festigen, sprich vom Erstkontakt über das gesamte Studium hinweg. Stichwort: Kontinuität.
Sinnvoll kann es außerdem sein, Alumni einzubinden, sprich ehemalige Absolventen, die das Vertrauen der Studierenden genießen und als „Fürsprecher“ für das Unternehmen agieren. Das erhöht die Glaubwürdigkeit und weckt das Interesse der Nachwuchskräfte. Früher oder später kommt dann der Zeitpunkt, um ihnen ein konkretes Angebot zu machen, beispielsweise für ein Praktikum oder eine Stelle nach dem Abschluss. Hierbei ist die Wahl des richtigen Zeitpunkts essenziell, beispielsweise rechtzeitig vor den Semesterferien oder Abschlussprüfungen, bevor die Kandidaten andere Pläne machen konnten oder von der Konkurrenz weggeschnappt wurden.
Fazit
Mit den richtigen Kontakten, einer guten Strategie, ein bisschen Fingerspitzengefühl und etwas Erfahrung bringt das Hochschulmarketing durchschlagende Erfolge und sollte deshalb von jedem Unternehmen fest in das Recruiting aufgenommen werden. Denn wer heute schon an die Zukunft denkt, ist den Wettbewerbern einen großen Schritt voraus.
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